„lost in ourself“

Ich konnte nicht anders und habe hier mächtig gespoilert. Die Story spielt nach dem Ende der ersten Staffel und dreht sich um Charlie. Ich hoffe sie gefällt Euch und ich krieg ein Feedback im Gästebuch.

Hat Spaß gemacht!!! Ach und noch ist es die Rohfassung...

Disclaimer: Diese Fanfiction ist natürlich auch wieder nur zum Spaß geschrieben und mir gehört nix davon.


Der Wind wehte leicht über den Strand und spielte mit ihm. Kleine Sandhosen bildeten sich hier und da, während die Sonne gnadenlos brannte. Der Wind konnte die Luft kaum kühlen und so hatten sich die meisten in den Schatten der Bäume zurück gezogen.

Aaron schien die Hitze nicht viel auszumachen. Friedlich schlummerte er in seinem kleinen Bettchen, das Charlie für Claire aus den Sitzpolstern des Flugzeuges gebaut hatte. Charlie hatte sehr viel gebaut in der letzten Zeit. Das meiste für Claire und ihr Baby. Seit er das Kind von Daniele zurück geholt hatte, vertraute Claire ihm und sie verbrachten viel Zeit zusammen.

Charlie mochte Claire. Sie akzeptierte und verließ sich auf ihn, was in der Vergangenheit nicht viele getan hatten. Er hatte es sich verdient und nun war er auf dem besten Wege, es wieder zu verspielen, so wie er es bisher bei jedem anderen getan hatte. Warum musste er verflucht noch mal jeden Menschen, der ihm nahe kam, belügen? Er dachte, er würde es schaffen. Er war sich so sicher gewesen. Diese Insel sollte seine letzte Chance werden und nun hatte er doch wieder zu lügen begonnen.

Doch es war so schwer zu ertragen, er konnte nicht anders und er hatte es unter Kontrolle, da war er sich sicher. Er würde Claire nicht enttäuschen. Charlie sah auf das Baby hinab. Es war so klein und dieses winzige Bündel Leben war so unschuldig. Aaron konnte sein Leben noch so führen, dass es einen Sinn hatte, er würde es nicht so in den Sand setzen wie Charlie.

Charlie war nicht wirklich in vielen Dingen gut, abgesehen von seiner Musik. Aber wenn er wirklich etwas beherrschte, dann war es seine Fähigkeit, jede gute Sache in eine schlechte umzukehren.

Hätten er und Sayid doch nur nicht gerastet und hätte Sayid ihm doch nur nicht erzählt, was das abgestürzte Flugzeug geladen hatte. Hätte er diese Statue doch nur nie mitgenommen!! Er war so stolz gewesen. Seinen letzten Stoff, den er von Locke zurück bekommen hatte, hatte er vernichtet. Sicher, er hatte Angst gehabt, Angst vor dem Entzug, aber auch Angst vor der Realität.

„Charlie?“ Erschrocken fuhr er herum und sah in Claires fragendes Gesicht. „Alles in Ordnung mit dir?“ Rose hatte ihm geraten, um Hilfe zu bitten. Würde Claire diejenige sein, die ihm helfen konnte?

Sie wusste es, er war sich sicher. Jeder würde es ihm ansehen, es war nur eine Frage der Zeit. Aber wenn er in den letzten Jahren eines gelernt hatte, war es das Lügen. Es hatte mit kleinen Lügen begonnen und dann nicht mehr aufgehört. Manchmal, wenn er in einen Spiegel sah, wusste er, dass er vor allem sich selbst belog.

Er war es, er war das musikalische Herz von Driveshaft gewesen und nicht sein Bruder. Aber niemand hatte ihn wahrgenommen und sein Bruder hatte sich immer weiter von ihm entfernt. Vielleicht hatte er deshalb zu den Drogen gegriffen? Vielleicht wollte er seinem Bruder wieder nahe sein? Oder einfach nur so beliebt sein wie er? Sein Bruder ging immer mit einer solchen Leichtigkeit durch das Leben, er hatte daran teilhaben und nicht immer hinten anstehen wollen. Charlie hatte immer die zweite Geige spielen müssen und lange Zeit hatte er seine Frustration mit Musik kompensiert. Bis er das erste Mal...

„Charlie? Was ist denn los?“ Sie kniete sich zu ihm nieder und versicherte sich mit einem Blick, dass es ihrem Sohn Aaron gut ging. Zärtlich streichelte sie ihrem Sohn mit zwei Fingern über die Wange. Wie sehr wünschte er sich ihre Berührung. Sein Gesicht in ihrer Hand und ein Lächeln, das niemandem außer ihm galt. Sie setzte sich an seine Seite unter die Zeltplane und lehnte ihren Kopf vorsichtig an seine Schulter. „Charlie, du solltest schlafen, du brauchst etwas Ruhe.“

Charlie fragte sich, warum Claire ihm vertraute. Er konnte nicht mal sich selbst trauen. Er hatte gedacht, wenn er die Drogen vor Lockes Augen in die Flammen warf, wäre das alles vorbei. Keine Drogen mehr auf der Insel, ein Moment der Stärke hatte gereicht, ihn von seinem Unglück zu befreien. Charlie hatte in diesem Moment Angst vor der Zukunft gehabt, doch er konnte sich sicher sein, nicht rückfällig zu werden.

Jetzt sah alles anders aus. Die Drogen hatten ihn wieder gefunden und er hatte ihnen nicht wiederstehen können. Charlie hatte sich von Jack eine Nadel gestohlen und diese beim ersten Schuss zitternd an seinen Arm geführt. Es hatte ihm geholfen und ihm seine Angst für einen kurzen Moment genommen, aber die Angst kam immer zurück.

Er rieb sich den schmerzenden Arm. Ja, es ging ihm nicht gut und sein Arm schmerzte ihn immer mehr und die Hitze tat sein übriges. Er musste etwas dagegen unternehmen. „Es ist zu warm zum Schlafen, ich setze mich ans Wasser.“

Damit erhob er sich und für einen Moment dachte er, sich gleich wieder hinsetzen zu müssen, denn ihm wurde schwarz vor Augen. Er atmete tief durch und setzte einen Fuß vor den anderen. Er würde noch einen kleinen Umweg machen, nur kurz, nur bis zu diesem Baum hinten am Strand. Nicht viel, nur ein wenig, damit er sich besser fühlte.

„Charlie?“

***

Sayid sah von Lockes Kompass auf und beobachtete Charlie, wie er den Strand hinauf ging. Es war ein extrem heißer Tag auf dieser Insel und am Strand herrschte nicht viel Bewegung. Alle hatte sich in den Schatten zurückgezogen und versuchten, sich möglichst nicht zu rühren. Shannon lag neben ihm und schlief.

Irgendetwas stimmte nicht mit Charlie, er blickte sich immer wieder nervös über die Schulter und rieb sich seinen Arm und stolperte zweimal. Der Junge hatte eine Menge Probleme, doch Sayid bewunderte ihn für seinen Mut, als sie nach Danielle und dem Baby gesucht hatten. Noch immer zierte eine große verkrustete Narbe Charlies Stirn, wo er ihm die Wunde ausgebrannt hatte.

Shannon bewegte sich ein wenig und stöhnte im Schlaf leise. Sayid wusste nicht, was ihn an diesem Mädchen faszinierte. Ihr Bruder hatte ihn gewarnt, sie würde die Männer nur benutzen. Boone war nun nicht mehr da und Shannons Trauer fraß sie beinahe auf. Aber er würde auf sie achten, würde nicht zulassen, das sie daran zerbrach. Shannon war wunderschön, wie so schlafend vor ihm lag. Ganz anders als... Er schüttelte den Gedanken ab.

Sayid nahm einen Schluck Wasser und widmete sich wieder seinen Karten und dem Kompass. Er war der Lösung des Rästels näher gekommen. Vor allem verstand er Danielle immer besser. Sie war eine verbitterte, einsame Frau, auf der einen Seite hart durch die langsame Einsamkeit und im gleichen Moment ebenso verletzlich.

Er sah hinab zu Shannon, ihre Haare schimmerten im Sonnenlicht und sie stöhnte erneut leise auf. Sayid strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und streichelte ihren Kopf, wodurch sie sich sichtlich entspannte. Shannon vermisste ihren Bruder und der Gedanke, bei seinem Tode nicht für ihn da gewesen zu sein, ließ sie nicht los.

Er blickte hinaus auf das Meer. Nun waren es schon 6 Tage, seit Michael, Yin und der angeschossene Sawyer zurückgekehrt waren. Die Strömung hatte die Reste des zerstörten Floßes an Land gespült. Michael und Yin hatten sich an einigen Stämmen festgeklammert und den bewusstlosen Sawyer festgehalten.

Der Doc kümmerte sich um ihn, die Kugel hatte sein Bein durchschlagen. Glücklicherweise, egal was er von Sawyer hielt, hatte sich keine Entzündung gebildet. Mehr Sorgen bereitete ihm und Jack Michael, der seit seiner Rückkehr kein Wort gesprochen hatte und nur mit dem Hund am Ufer saß und auf das Meer hinaus blickte.

Diese Insel schien irgendwie verflucht und wenn man Hurley Glauben schenken durfte, war sie das auch. Er, Locke und Jack hatten mit Kate einen Zugang in den Untergrund gefunden und Locke und Kate hatten bereits mehrere Erkundungstouren durch die vielen Gänge gemacht. Jedoch bisher ohne größeren Erfolg.

Charlie marschierte den Strand zurück und zog sich das Shirt aus. Der Junge sollte besser auf sich aufpassen, seine Rippen zeichneten sich ab und er stolperte fast im Wasser. Sayid wollte sich nicht ausmalen, was in seinem Kopf alles vorging. Ethan hatte ihn fast umgebracht und Charlie war dem Tod nur sehr knapp von der Schippe gesprungen.

„Sayid?“ Er hatte Jack gar nicht kommen hören. „Sind die anderen schon zurück?“

„Ja, Kate liegt da hinten im Schatten.“ Jack blieb noch einen Moment bei ihm stehen und sah zur schlafenden Shannon und dann auf das Meer, in dem sich Charlie gerade abkühlte.

„Wie geht es Sawyer?“

„Besser, er schimpft schon fast wieder wie vorher.“ Der Doc ging in die Hocke und nahm mit der rechten einen Stock mit dem er begann, Muster in den Sand zu zeichnen

***

Das Wasser war wunderbar, warm aber wunderbar. Alles würde gut werden, jemand würde sie holen und er würde Claire helfen und Claire ihm. Den Stoff würde er hier lassen, kein Problem. Wenn sie die Insel verlassen sollten, würde er aufhören, er würde Claire nicht enttäuschen.

Er ließ die Wellen über seinen Körper gleiten, die Empfindungen wurden verstärkt, das Zeug war echt gut. Er ließ es zu, ließ sich davon tragen und Bilder stürmten auf ihn ein. Bilder seines Bruders und seiner Zeit mit der Band. Sie waren gut gewesen, er hatte seine Musik gemacht. Charlie schloss die Augen und tippte mit den Fingern den Rhythmus des Songs, der ihnen zum Ruhm verholfen hatte.

Das Wasser schwappte ihm über die Beine und seinen Körper hinauf. Weitere Bilder tauchten auf, Bilder aus dem Flugzeug und Bilder vom Absturz. Irgendwie war das Wasser plötzlich viel kälter. Er dachte an das zurück, was sie in den letzten Wochen erlebt hatten. Wie sollte irgendein Mensch das aushalten? Wie sollte jemand ruhig schlafen, wenn er erhängt worden war?

Charlie bemühte sich, die Gedanken abzuschütteln, doch es wollte ihm nicht gelingen und das Wasser war so kalt, er musste hier heraus. Er versuchte, sich aufzustützen und aufzustehen, doch die Welt begann sich um ihn zu drehen und sein Arm knickte ihm schmerzhaft weg.

„Nein.“ Charlie wollte das nicht. Diese Bilder sollten wieder verschwinden und er versuchte, sie mit dem Arm beiseite zu schieben, doch es funktionierte nicht. Er sah Ethan vor sich. „Nein, verschwinde!“

Alles drehte sich und Charlie spürte das kalte Wasser überall im Gesicht, es nahm ihm die Luft zum Atmen, so wie es Ethan getan hatte, es passierte erneut und er konnte nichts dagegen tun.

***

Jack zog mit dem Stock Linien und rieb sich den Nacken, die Hitze machte ihnen allen zu schaffen. An heißen Tagen wie diesen blieben die meisten für sich und das war nicht gut. Es bot Zeit zum Nachdenken, Gedanken über die Insel und was sie auf ihr vorgefunden hatten. Manchmal wusste er selbst nicht, was er davon halten sollte.

Da war diese Luke, die in ein Labyrinth von Gängen führte, die Französin und das große Unbekannte, das dem Piloten das Leben gekostet hatte. Boone war ums Leben gekommen, er hatte ihm nicht helfen können. Der Lehrer war vor seinen Augen explodiert und die Männer auf dem Floß waren nur knapp mit dem Leben davon gekommen. Michael sprach seitdem kein Wort und starrte nur auf das Meer, während Jack versucht hatte, Sawyers Leben zu retten. Sie waren alle apathisch von den Ereignissen und der alles niederdrückenden Hitze.

Er machte sich Sorgen, er musste sich sorgen, irgendwie schien das jeder von ihm zu erwarten und manchmal hasste er sie dafür. Er sah zu Sayid, der sich wieder seiner Beschäftigung gewidmet hatte. Er schätzte den Iraker für seinen gesunden Menschenverstand und seine rationellen Entscheidungen. Für ihn war Sayid eine Bank, auf die er sich verlassen konnte, genauso wie er sich auf Hurleys Freundlichkeit und Suns Hilfsbereitschaft verlassen konnte. Es war viel Gutes auf dieser Insel, trotz allem.

Er sah zu Claire hinüber. Sie und ihr Baby waren eines der guten Dinge und er war froh, dass es dem kleinen Aaron gut ging. Sie alle hier hatten ihre eigene Geschichte, aber nun hatten sie angefangen, eine neue zu schreiben. Claire sah auf das Meer hinaus und verharrte plötzlich. Sie war nur gut 30 Meter entfernt und so sah er ihren erschrockenen Gesichtsausdruck.

Jack folgte ihrem Blick zum Wasser und sah Charlie, der zur Hälfte im Wasser lag und gerade zur Seite kippte und liegen blieb. Verflucht, auch das war eine seiner Sorgen gewesen. Charlie hatte in den letzten Tagen mehr als schlecht ausgesehen, doch wann immer er ihn fragen wollte, war Charlie ihm ausgewichen.

„Sayid! Komm!“ Damit sprang er auf und rannte zum Strand hinunter. Aus den Augenwinkeln sah er auch Claire zum Wasser rennen. Charlie ruderte mit dem Arm, aber er erhob sich nicht. Sein Gesicht lag zur Hälfte im Wasser.

Jack könnte sich Ohrfeigen, denn über Sawyer hatte er Charlie völlig übersehen. Der Junge hatte viel durchgestanden. Irgendwann machte ein Körper nicht mehr mit und Charlie hatte seinem Körper viel zuviel zugemutet.

Jack erreichte ihn kurz vor Claire und zog sein Gesicht aus dem Wasser. Er packte ihn unter den Armen und zog. Claire kam um ihn herum. „Charlie? Was ist mit ihm, Jack?“

Sayid kam ihm zur Hilfe und gemeinsam legten sie den Jungen im warmen Sand ab. Jack drehte ihn herum und ihm fiel sofort auf, dass Charlie Fieber hatte. „Wir müssen ihn in den Schatten bringen.“

Jack und Sayid brachten ihn zum Zelt, während Claire schnell Platz schuf. Jack strich Charlie das Haar aus dem Gesicht und tastete nach seinem Puls. Der raste und der Junge zitterte am ganzen Leib. „Was ist mit ihm, Jack?“

Claire war sichtlich besorgt, doch Jack war sich auch nicht sicher. Es ging ihm offensichtlich nicht gut. Er hatte Fieber und war sehr schwach und vermutlich hatte er zu wenig getrunken. Die Wunde an seiner Stirn war gut verheilt und hatte sich nicht entzündet. Sie konnte nicht der Auslöser der Infektion sein. „Er hat Fieber, die Frage ist warum. Vielleicht hat sich eine kleine Wunde entzündet.“

„Charlie? Kannst du mich hören?“ Er tätschelte seine Wange und tatsächlich öffnete der junge Musiker seine Augen, doch sein Blick war nicht klar. Charlies Augen schienen durch ihn hindurch zu sehen. Dafür mochte es zwei Gründe geben. Beide waren nicht gut. Vielleicht lag es am Fieber, denn Charlie hatte seine Drogen verbrannt. Wovon sollte er high sein.

„Hey Charlie? Bleib bei uns, ja?“ Claire hielt seine Hand, so wie es Kate getan hatte, als er versucht hatte, den Jungen wiederzubeleben. Charlies Augen schlossen sich und das Zittern verstärkte sich.

„Vielleicht hat sich eine Wunde entzündet. Zieht ihm die Sachen aus.“ Sayid zog ihm sein Shirt hoch und Jack sah an seinen Beinen nach. Charlie hatte sich bereits viele Wunden auf der Insel eingefangen, doch bisher hatte er immer Glück gehabt.

„Jack.“ Sayids Tonfall verhieß nichts Gutes. Er hatte ihm das Shirt über den Kopf gezogen und hielt nun seinen Arm. In der Ellenbeuge waren frische Einstichwunden zu sehen, einige waren entzündet und der ganze Oberarm war stark geschwollen.

„Das ist meine Schuld.“ Der Iraker strich sich die Locken aus der Stirn und seine Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst. „Ich habe ihm von dem Drogenflugzeug erzählt.“

***

Locke schob die Zeltplane zur Seite und beobachtete den Doc, wie er sich um Charlie kümmerte. Der Junge warf sich im Fieber hin und her und atmete schwer.

„Ich dachte, er würde es schaffen.“

Jack wand sich zu ihm um und sah ihn lange an, bevor er sich wieder auf seinen Patienten konzentrierte. „Er wird es schaffen.“

„Jack, Sie wissen, was ich meine.“

„Ja.“ Jack nahm ein Tuch, tauchte es in eine Schüssel mit Wasser und kühlte Charlies Stirn. „Ich bin nicht sicher, wie viel er sich gespritzt hat. Er muss mir eine der Spritzen geklaut haben.“

„Eine Überdosis?“ Locke hielt das nicht für unwahrscheinlich, Charlie hatte sicherlich keine Erfahrungen mit harten Drogen gehabt, bevor das Flugzeug abgestürzt war.

„Vielleicht, aber das größere Problem ist die Infektion des Armes. Ich habe keine Antibiotika mehr. Er wird es ohne schaffen müssen.“

„Dann sollte ich ihm Drogen besorgen.“

„Was?“ Jack fuhr zu ihm herum.“ Locke verstand die Irritation des Docs. Doch er würde es verstehen. „Glauben Sie, er übersteht die Infektion und den Entzug?“

Jack sah ihn lange an bevor er stumm nickte. Er wusste, dass Locke Recht hatte. Charlie war zu schwach, um einen Entzug durchzustehen und sie wussten nicht, wo er das Zeug versteckt hatte. Locke würde zum Flugzeug zurückgehen, auch wenn er es nicht gerne tat.

„Passen Sie so lange auf ihn auf.“ Erneut nickte Jack stumm und wandte sich wieder seinem Patienten zu. „Das werde ich.“

„Ich komme mit.“ Sayid war hinter ihm aufgetaucht und Locke gab ihm mit einem kurzen Nicken sein Okay. Es war ein weiter Weg und etwas Verstärkung würde nicht schaden.

***

Es war dunkel geworden und mit der Nacht war auch die Hitze vom Strand gewichen. Ein kühlender Wind spielte mit den Vorhängen des improvisierten Zeltes und Claire tauchte erneut das Tuch ins Wasser. Sie war erschöpft, nie hätte sie gedacht, wie anstrengend, aber zugleich auch schön es war, Mutter zu sein.

Charlie war ihr eine große Stütze gewesen. Eigentlich legte sie viel Wert darauf, ihr Leben allein zu meistern, doch hier auf der Insel hatte sie gelernt, dass es nicht immer alleine ging. Jeder brauchte irgendwann die Hilfe eines anderen und man musste lernen, anderen zu vertrauen.

Charlie war wunderbar mit dem Baby und sie sah den beiden gerne zu. Die letzten Tage war Charlie jedoch verändert gewesen. Blass und unruhig war er oft am Strand entlang gelaufen. Nachts hatte er unruhig geschlafen.

Sie hatte vermutet, dass er Alpträume hatte. Sie selbst wurde immer wieder davon heimgesucht. Ethan hatte bei ihnen beiden ein Trauma hinterlassen und sie hatte gehofft, dass ihm die Gespräche darüber so wie ihr geholfen hatten.

Claire sah auf den Verband an Charlies Arm und biss sich auf die Lippe. Wieso hatte sie es nicht bemerkt? Sie hätte es sehen müssen. Als Jack ihr erzählte, welches Problem Charlie mit auf die Insel gebracht hatte, war sie aus allen Wolken gefallen. Drogen, er hatte es gesagt, aber sie dachte... sie wusste nicht was sie gedacht hatte. Vielleicht hätte sie mehr nachdenken sollen.

„Oh, Charlie, komm schon, du schaffst das. Aaron und ich brauchen dich doch.“ Sie hatte keine Ahnung, ob er sie hören konnte. Mit einem Blick vergewisserte sie sich, dass Jack wirklich schlief. „Ich kann das nicht allein und ich brauche jemanden wie dich.“ Sie wischte ihm den Schweiß aus der Stirn.

„Jack wird dich schon wieder gesund machen, du wirst sehen und dann kannst du wieder mit Aaron spielen und...“ Ihre Stimme versagte, denn es fiel ihr schwer, es vor sich selbst einzugestehen wie sehr sie Charlie brauchte. Sie hatte Angst vor dem, was geschehen würde, vor dem Grund, warum der Wahrsager ihr diesen Flug gebucht hatte. Sie hatte ihr Vertrauen verloren, aber Charlie war immer für sie da gewesen.

„Ich... ich hatte mir geschworen, nie wieder einem Mann zu vertrauen. Nie wieder, ich musste immer schon für mich selbst sorgen.“ Sie lächelte als sie daran zurückdachte, wie Charlie sie seit dem Absturz umsorgt hatte. Sie erinnerte sich an die Erdnussbutter, wie lecker sie geschmeckt hatte... mit ihm zusammen. Sein Versprechen, sie zu beschützen.

„Bei dir habe ich mich wohlgefühlt, vielleicht auch weil du nicht einfach verschwinden konntest. Du sitzt hier nun mal mit mir fest.“ Claire nahm seine Hand in die ihre. „Deshalb kannst du dich jetzt auch nicht einfach davon machen. Du hast mir versprochen, dass ich auf dich zählen kann.“

Sie wusste nicht, was sie noch sagen sollte, vermutlich hörte er sie doch nicht. Sie blinzelte und führte ihre Hand ans Auge. Überrascht stellte sie fest, dass sie weinte. Vielleicht war es richtig so, vielleicht musste sie sich selbst ihre Angst und ihre Sorgen eingestehen. Sie ließ ihren Kopf auf Charlies Seite sinken, sie brauchte seine Nähe.

„Cl... Claire...“

„Charlie? Oh Gott, du bist wach?“ Claire ruckte mit dem Kopf hoch und sah in sein Gesicht. Charlies Lider flatterten, aber er sah ihr direkt in die Augen. „Claire, es ... es tut mir leid, ich...“

„Was denn, Charlie?“ Claire verstand nicht. Charlie versuchte sich aufzurichten. „Nein, bitte, du musst liegen bleiben, dein Arm...“

Charlie sah sie verständnislos an. Vermutlich verstand er gar nicht, was mit ihm passiert war. Sie drückte ihn hinunter und legte ihre Arme um ihn. „Shht, bitte Charlie.“

Eine Hand legte sich auf ihre Schulter und sie blickte in Jacks beruhigendes Gesicht. „Wir sollten versuchen, ihm Wasser zu geben.“ Er setzte sich neben sie, doch als sie auf Charlie hinabblickte, waren dessen Augen bereits wieder geschlossen.

***

Jack löste den Verband und besah sich die Wunde. Sie verheilte gut und er erneuerte den Verband.

„Autsch. Verflucht.“

Jack hob die Augenbraue und sah Sawyer in das schmerzverzerrte Gesicht. „Tat es weh?“

„Ja.“

„Gut.“ Jack lächelte. Es war wie ein Spiel zwischen ihnen. Er hatte viel über Sawyer gelernt. Verstehen würde er diesen Mann wohl nie, aber vielleicht wollte er dies auch gar nicht. „Die Wunde heilt gut, aber das Laufen dauert noch eine Weile.“

„Wie geht es unserem Junkie?“ Sawyer war wie er immer war. Es ging ihm einfach schon wieder zu gut. „Ich hab gehört, unser Ali holt ihm einen Schuss aus dem Dschungel? Wie fürsorglich.“

Jack kommentierte das nicht, er musste zu Charlie zurück. Sawyer ging es soweit gut, im Gegensatz zu seinem anderen Patienten. Er wünschte, sich noch genug Antibiotika zu haben, selbst für Sawyer hatte er schon zu wenig gehabt.

Er sah zum Strand hinunter, wo Michael saß. Jack sog die Luft ein. Es gab so viele Probleme, er konnte sie nicht alle lösen. Was musste in ihm nur vorgehen, hilflos mit ansehen zu müssen, wie der eigene Sohn von wildfremden Menschen verschleppt wird. Yin ging mit einer Flasche Wasser zu Michael und reichte sie ihm. Michael schien ihn zunächst zu ignorieren, doch dann trank er. Gut. Jemand achtete auf ihn, so konnte er sich wieder seinem Hauptsorgenkind widmen.

Er stand auf und ging hinüber ins Zelt. Charlie lag schwer atmend auf der Liege. Er hatte wenig Hoffnung, selbst wenn sie den Entzug unterdrücken konnten, die Infektion war schon zu weit fortgeschritten. Er brauchte Flüssigkeit und so lange er das Bewusstsein nicht wieder erlangte, waren die Chancen ihm etwas einzuflößen gering. Erneut nahm er die Flasche und hob vorsichtig Charlies Kopf an. Er benetzte seine Lippen und überraschender Weise öffneten sie sich. „Ja gut so, Charlie, trink.”

Doch es würde zu wenig sein. Es war nur eine Frage der Zeit. Er hatte den Jungen gem... nein, er korrigierte sich selbst, er mochte den Jungen. Keine Ahnung, welche Monster der Vergangenheit ihn in die Drogen getrieben hatten. Er hatte gehofft, er hätte einen Weg hinaus gefunden hier auf der Insel.

„Geht es ihm besser?“ Überrascht sah er sich zu Sun um, die im Eingang stand.

Er schüttelte stumm den Kopf, während sie das Zelt betrat und sich neben dem Bett auf den Boden setzte. Sie hatte sie alle überrascht und ihren Mann vermutlich am meisten. Zwischen ihnen herrschte eine Distanz, doch ihrem Blick nach liebte sie ihn noch immer. Sie würden hoffentlich einen Weg zurück zu einander finden.

„Ich mag ihn und ... seine Musik. Vielleicht kann ich helfen.“ Sie griff in ihre Tasche und zog einige grüne Zweige hervor.

„Was ist das?“ Er nahm die Zweige entgegen und roch daran. Der Geruch brannte ihm in der Nase und er hatte keine Ahnung, worum es sich handelte.

„Es wird ihm vielleicht das Fieber nehmen, leider hab ich nicht mehr gefunden.“ Sie griff zu einer Schüssel und einer Flasche Wasser. „Es ist ein Tee. Ich bereite ihn vor.“ Damit ging sie hinaus Richtung Feuer.

Vielleicht hatte Charlie doch eine Chance. Aber sollte der Entzug dazu kommen, mochten selbst Suns Kräuter nicht mehr helfen.

***

Sayid schob einen großen Ast zur Seite und hielt ihn fest, bis auch Locke daran vorbei gegangen war. Sie waren seit Stunden unterwegs und würden ihr Ziel bald erreichen. Die Hitze war auch hier im Wald unerträglich. Er fragte sich, wie Locke den verletzten Boone soweit hatte schleppen können.

Locke war ihm noch immer ein Rätsel. Er schien einer der wenigen zu sein, der es regelrecht genoss, auf dieser Insel fest zu sitzen. Seit der Geschichte mit Boone war er der Gruppe noch fremder geworden, da viele ihn dafür verantwortlich machten, was passiert war. Doch Sayid wusste es besser, er hatte Lockes Gesicht gesehen, als sie den Jungen beerdigt hatten.

Seitdem hatte sich Locke in Begleitung von Kate mit Gewalt in die Erforschung der unterirdischen Röhren gestürzt, bisher aber ohne Erfolg. Diese Insel war so voller Rätsel und sie alle wollten herausfinden, warum hier Menschen starben, warum es hier Polarbären gab und vor wem Daniele solch eine Angst hatte.

Locke hielt vor ihm an. „Wir sind da.“

Sayid schob sich an ihm vorbei und warf seinen Blick auf das alte Flugzeug. Wie lange musste es her sein, dass es hier abgestürzt war und warum schien diese Insel das Unglück geradezu anzuziehen? Um das Wrack herum lagen überall aufgeplatzte Kartons mit Marienstatuen. Manche waren zerbrochen und gaben ihren zerstörerischen und unheilbringenden Inhalt preis.

Sayid beugte sich hinab und hob ein paar Beutel auf. „Teufelszeug.“

Locke schob sich an den Kisten vorbei und hockte sich neben die Einstiegsluke. Er verharrte und berührte den Rand der Luke vorsichtig. „Boone wollte unbedingt ein Signal senden. Er war besessen davon, uns und seiner Schwester zu helfen, ein Beschützer zu sein.“

Sayid trat ebenfalls an die Luke, hinter der sich ein Chaos aus Kabeln und Kisten auftat. Alles war voller eingetrocknetem Blut, vermutlich das Blut des Jungen. Sayid griff in die Tasche und spielte mit seinem Feuerzeug.

„Wir haben, was wir brauchen, gehen wir.“ Locke drückte sich hoch und wandte sich zum gehen um. „Der Doc braucht das Zeug.“

Doch Sayid verharrte und sah in das Flugzeug. Überall türmten sich die Kisten mit den Drogen und das meiste der Inneneinrichtung war zerstört. Vielleicht konnte er noch Elemente der Elektronik nutzen und so schob er einige Kabel zur Seite und kroch Richtung Cockpit.

„Sayid! Was soll das?“

„Ich komme gleich.“ Sayid schob sich weiter und erreichte die Überreste des Cockpits. Hier war fast alles zerstört. Er griff zu und zog einige der Elemente des halb zerdrückten Senders heraus. Er suchte weitere 10 Minuten nach elektronischem Equipment, bevor er sich wieder ans Tageslicht zog. Locke saß an einen Baum gelehnt und hatte die Augen geschlossen, die er öffnete, als Sayid auf eine der Marienfiguren trat und diese zerbrach.

„Fertig?“

„Fast.“ Sayid zog sein Feuerzeug hervor. Er hatte drinnen etwas Papier gefunden und häufte es nun an der Seite des Wracks auf. Locke erhob keinen Einspruch, obwohl er seine Absicht längst erkann haben musste.

Er entzündete das Papier und beobachtete, wie sich die Flammen langsam am Flugzeug empor arbeiteten und schließlich auf das Flugzeuginnere übergriffen. Sayid trat zurück, er würde dieses Teufelszeug vernichten.

Neben ihm flog eine Marienfigur in das Feuer. Sayid wandte sich um und sah Locke. „Wenn, dann sollten wir es richtig machen.“ Damit hob er eine weitere Figur hoch und warf sie ins Feuer. Sayid nickte innerlich, ja, sie mussten es komplett von dieser Insel verschwinden lassen. Sie mussten den Jungen vor sich selbst beschützen

***

Ein weiterer Tag war angebrochen und noch immer rang Jacks Patient um sein Leben. Sayid und Locke hatten die Drogen gefunden und Sayid hatte ihm erklärt, dass es dort keine weiteren geben würde, dafür hätten sie gesorgt.

Jack konnte nicht beschreiben, welche Gefühle in ihm wüteten, als er Charlie den benötigten Schuss setzte. Dieses Zeug machte Menschen kaputt. Es widerstrebte ihm, es jemandem zu geben, doch der Junge brauchte es. Die ersten Entzugserscheinungen hatten bereits eingesetzt und nach der Injektion war er wesentlich ruhiger geworden. Sein Atem hatte sich beruhigt und das Zittern hatte sich ebenfalls gelegt. Aber noch war er nicht über den Berg, sein Arm sah schlimm aus.

Claire war nun bei ihm und versuchte, ihm etwas von Suns Tee einzuflößen. Jack hatte Claire in der Nacht zugehört. Er hoffte, der Junge würde das überstehen. Nicht nur, weil er ihn mochte, sondern weil Claire ihn brauchte.

Jack hatte sich den Rucksack übergeworfen und stapfte den Strand entlang. Er hatte Wasser geholt und war erschöpft. Die Sonne brannte weiterhin auf den Strand hinab und lähmte die Menschen. Hurley saß auf einem der Felsen und fächerte sich Luft zu. Michael starrte wie immer auf das Meer, Sayid und Shannon schliefen unter einer Zeltplane, während Sawyer lesend an einen Fels gelehnt saß.

Sie waren über 40 Menschen und von manchen konnte er sich noch immer nicht die Namen merken, doch es war wichtig, dass sie einander wahrnahmen. Die Sache mit Ethan ließ sie alle nicht los. Er hatte mitten unter ihnen geweilt und noch immer wussten sie nicht, wer er gewesen war.

„Jack?“ Sun winkte ihm vom Waldrand und er lenkte seine Schritte der zurückhaltenden Asiatin entgegen. Sie winkte mit einem Stoffbeutel.

„Ich habe mehr gefunden und auch einige Samen gesammelt.“ Sie reichte ihm den Beutel und er fand darin die gleichen Kräuter, die sie Charlie bereits verabreicht hatten.

„Sun, sie sind fantastisch. Danke.“

„Ich habe einige zu einer Paste verrieben.“ Sie hielt ihm ein Döschen entgegen. „Für die Wunde.“

Er sah sie dankbar an. Sun war zu einer großen Stütze für die Gruppe geworden und mit Kate hatte sie eine leine Plantage angelegt. Irgendwann würden ihm die Medikamente ausgehen und dann würde ihre Arbeit sie hoffentlich retten.

Vielleicht würden sie es alle schaffen, auch wenn Hurley überzeugt war, dass sie alle verflucht waren.

***

Charlie spürte die sanften Berührungen Claires nicht, auch seinen Arm spürte er nicht. Fieberträume hielten ihn gefangen, aber selbst das war ihm nicht bewusst. Er war in seinen Träumen in seine Vergangenheit gereist und ließ sich feiern. Sie waren gut gewesen und es waren seine Songs, die sie berühmt gemacht hatten. Er wusste nicht, wann es aus dem Ruder gelaufen war, nur dass er es nicht hatte stoppen können.

Es war Ironie des Schicksals gewesen, dass sein Bruder nun clean war und ein geregeltes Leben führte. Er hatte ihm die Schuld gegeben, aber tief in sich wusste er, dass nur er für sich selbst verantwortlich war. Er hatte Träume gehabt, hatte seine Musik gelebt und als das nicht klappte, war er geflüchtet und hatte sich hinter den Drogen versteckt.

Sein Leben hatte aus Lügen bestanden und bestand es noch immer. Er hatte gedacht, er würde es schaffen, nachdem Locke ihm die Augen geöffnet hatte. Er hatte seine Gitarre wieder gehabt und hatte Musik gemacht. Er hatte eine Aufgabe, er sorgte sich um Claire. Sie sollte ihm vertrauen.

Wirre Bilder von Ethan tauchten in ihm auf. Er hatte Claire beschützen wollen und hatte versagt. Nie würde er das Gefühl vergessen, wie sich die Schlinge um seinen Hals legte, wie er den Boden unter den Füßen verlor und ihm die Luft wegblieb. Wieder hatte er dieses Gefühl. Es schnürte ihm die Luft ab und er rang nach Atem.

Er hört nicht Claires Stimme, die versuchte ihn zu beruhigen. „Shhht, Charlie. Du musst atmen, bitte atme.“ Er hörte nicht ihre Angst in der Stimme, aber er fühlte ihre Nähe und langsam verschwand das Gefühl der Enge um seinen Hals und die Luft füllte wieder seine Lungen.

Die Bilder verschwanden nicht, sondern traten nur in den Hintergrund. Nie würde er sie vergessen. Nie das Gefühl der Hilflosigkeit vergessen. Auch seine Vergangenheit nicht, seine Band, seine Musik und nicht zuletzt seine Sucht.

Vor ihm tauchten Bilder auf von Claire und ihrem Sohn. Sie nahmen einen neuen Platz ein. Langsam verschwanden auch sie und er sank in einen ruhigen Schlaf.

***

Das Wetter hatte sich abgekühlt und alle atmeten dank einer erfrischenden Meeresbrise auf. Leben kam wieder in das Lager und auch in Jacks Patienten. Suns Kräutersalbe hatte die Entzündung im Arm bekämpfen können und Charlie erholte sich langsam. Es würde noch lange dauern, bis er wieder fit war. Die Insel verlangte ihnen allen Kraft ab und diese Kraft hatte Charlie nicht mehr. Er würde sie Stück für Stück zurück gewinnen müssen.

Locke kam Jack entgegen und drückte ihm ein Päckchen in die Hand.

„Was ist das?“

„Ich habe sein Versteck gefunden. Das dürfte der Rest sein.“ Damit stapfte er davon zur wartenden Kate, die ihm zulächelte. Die beiden machten sich wieder auf den Weg, das unterirdische Labyrinth zu durchsuchen. Jack wickelte das Päckchen auseinander und fand darin Charlies Heroin und das Spritzbesteck, das ihn krank gemacht hatte.

Er hatte die Reste des Stoffes aus dem Flugzeug gut versteckt, für den Fall dass er sie aus medizinischen Gründen einmal brauchte. Er sah zum Signalfeuer hinüber und ging darauf zu. Die Spritze steckte er ein, sie würden sie noch gut brauchen können, den Rest warf er in das Feuer.

Er sah, wie das Plastik schmolz und atmete erleichtert auf. Er hatte sich geschworen, den Jungen zu beschützen und er würde es tun. Claire trat neben ihn, ihren Sohn auf dem Arm. Der Kleine blinzelte in die Sonne und gluckste gut gelaunt vor sich hin.

Seine Finger umklammerte den kleinen Finger Claires und schien von nichts anderem beseelt zu sein, als sich daran zu klammern. Sie alle klammerten  sich an das Leben und aneinander. Die Welt hatte sie hier verloren, aber sie waren nicht verloren.

„Er ist vorhin aufgewacht.“ Claire strahlte. „Er hat gelächelt.“

Auch er begann zu lächeln, das waren gute Nachrichten. „Gehen wir zu ihm, er soll sich nicht allein fühlen.“ Damit nahm er Claire in den Arm und führte sie und ihr Kind zum Zelt.

Sie würden für einander da sein und gemeinsam würden sie Charlie erneut durch den Entzug helfen, wenn er etwas kräftiger war.

Aaron gluckste weiter vor sich hin und Claire schien seinen Blick zu bemerken. Schon längst umklammerte sie ihren Sohn nicht mehr, als würde er ihr erneut geraubt werden, doch sie überraschte ihn. „Nehmen Sie ihn eine Weile?“

Nein, auf dieser Insel waren sie nicht verloren.

Ende